Das Ende der Welt

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imageEs ist schon in Sicht!
Na, das ging ja leicht heute, ohne die schweren Rucksäcke. Aber es ist nicht nur das.
Wir fühlen uns heut freier. Gehen lockerer. Plaudern über das Erlebte auf den Jakobswegen. Erinnern uns dan den Anfang in San Sebastian, den camino del norte bis Bilbao.
Die Tage von damals werden wieder lebendig in uns. Wir spüren ihnen nach und merken, dass wir da auch so locker waren, unbeschwerter als in der letzten Zeit. Das ist interessant.
Jetzt wollen wir’s wissen: Wann eigentlich hat sich unser Modus geändert? Was ist passiert, dass wir mehr ins Abarbeiten, ins Durchhecheln kamen?

Ein Holztisch in der Sonne lädt zum Pausieren ein, noch bevor wir den Hauptweg zum Cabo Finisterre (oder galizisch Fisterra) erreichen.

Und hier finden wir den Übeltäter. Nach Bilbao hatten wir ein ZIEL. Wir wollten die letzten 100 km bis Santiago de Compostela durchziehen.

Kaum ist ein Ziel da, fokussiert sich das Denken. Es verengt sich. So, wie die Seele insgesamt auch. Sie stellt sich auf das Ziel ein.
Das macht Sinn, denn so werden die eigenen Kräfte gebündelt. Ständig erfolgt ein Abgleich zwischen äußeren Faktoren und inneren Zuständen, der Organismus regelt sich entsprechend ein.
Das ist nun offensichtlich nicht nur bei großen und bedeutenden Zielen so, wie wir an uns selbst erleben konnten. Es geschieht schon, sobald etwas als Ziel innerlich ausgemacht ist. Ob wir es merken oder nicht, der Organismus erhöht die Anspannung.

Im Hinblick auf das Erreichen des Zieles ist das positiv, wir haben unsere Compostela-Urkunde!
Bezüglich alles anderen ist es blöd. Denn je mehr ich fokussiert bin, desto weniger bekomme ich von dem mit, was um mich herum sonst noch geschieht. Ich werde stromlimienförmiger, eintöniger. Und in der Tat, auf den letzten 100 km hatten wir viel weniger Begegnungen mit andern, die über das allgemeine Nawokommstduher-Gefloskel hinausgegangen wären. Obwohl mehr Menschen mit uns unterwegs waren. Außerdem wurde, wie das Leben in solchen Fällen spielt, gleich noch das Wetter schlechter, was die Anspannung weiter erhöhte.
Dann waren wir in Santiago. Ziel erreicht. Aber nun, einkaufen, Schuhe reparieren lassen, noch was angucken,weiter. Bis Finisterre blieben wir im Zielmodus, uff.

imageWährend wir jetzt schlendernd dem Leuchtturm auf der äußersten Spitze schon ziemlich nahe gekommen sind, merken wir, entspannt ist noch ruhiger als langsam. Und wohltuend.
An einem Gartentisch in der Sonne schauen wir zu, wie sich über dem Atlantik die nächste Regenwolke aufbaut. Imposant!
Hier war also für die alten Europäer das Ende der Welt. Irgendwo da draußen, floss das Wasser des Ozeans von der Erdscheibe ins Bodenlose.

Wenn Ziele uns blöd machen, ist dann eine immer mehr nur auf Effizienz ausgerichtete Gesellschaft das Ende der Welt?
Fragen kommen einem hier…