Jäger der georgischen SIM-Card (Tbilisi)

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Jede Reise hat ihre paradoxen Momente.Am meisten gefallen mir die, wo östlicher Pragmatismus sich westlicher Dekadenz als haushoch überlegen erweist. Aber der Reihe nach.
Wir sind auf der Suche nach einer SIM-Card. Erfahren in östlicher Lebensweise wissen wir, die gibt’s überall. Also rein in einen x-beliebigen Souvenirladen in Tbilisis altem Stadtzentrum. Natürlich haben sie welche. Aber funktionieren die auch in den Bergen des Kaukasus? Übereinstimmende Erklärung: Nein. Dafür sollen wir am besten eine der Firma Magti nehmen. Und wo bekommen wir diese? Klare Antwort: Überall.
Wir machen uns auf die Suche nach Souvenirläden mit dem Magti-Logo. Gefühlt jeder zweite Laden hat Souvenirs, keiner Magti.
imageWir erinnern uns an die zweite Regel des Ostens: Wo nichts zu sehen ist, muss man fragen. Doch auch dies bringt nur insoweit Erfolg, dass wir mehrmals auf den speziellen Magti-Laden in der Rustaveli verwiesen werden. 6-spurige Allee mit vollem Verkehr, flankiert von Opernhaus, Theater, Banken und all solchen langweilig zu passierenden Gebäuden. Zweimal sind wir kurz vorm Umkehren.
Da!
Nichts wie rein. Der Magti-Super-Store. Super klimatisiert. Ganz in weiß eingerichtet, mit rotem Interieur. Rechts viel zu viel Raum um ein paar Handys zu präsentieren. Links fünf modernistische Schalter mit Leuchtanzeige und weißen Plastesesseln davor. Drei davon sind frei. Ich sitze schon fast, da werde ich von einem eigenartigen Klingeln zurückgehalten. Aah, ich muss erst am Automaten neben der Eingangstür eine Wartenummer ziehen.
Am Schalter geht’s dann schnell: „Haben sie Ihren Ausweis mit?“ Habnwer natürlich vergessen. Das war’s dann auch schon, ohne Pass keine SIM-Card.
Ich bin sauer. Während wir auf den roten Lederkissen in der speziell eingerichteten Magti-Lümmelecke vergeblich versuchen, der drohenden Wiederholung des gleichen eintönigen und lauten Weges zu entgehen, entdeckt Marjana, dass sich die Beine der drei Regale im Super-Raum auch noch eierig drehen. Was für ein Haufen Firlefanz!
Wir trotten zurück. Mit einer Fußgängerunterführung queren wir die Allee. Unten sind die typischen kleinen Geschäftleinchen, wer zwei mal zwei Meter hat, ist schon privilegiert hier. Noch im Wut-Dunst meines Gehirns erinnere ich, genau an solchen Stellen schon oft Mobilfunklädchen entdeckt zu haben, als der Blick meines hängenden Kopfes auf ein in Schuhhöhe angebrachtes Magti-Logo fällt.
imageDas isser, unser Kunde!
„Habt ihr euren Pass dabei?“ „Nein, haben wir nicht!“ „Macht nichts, geht auch so.“ Und dann erklärt uns der „Kunde“ ordentlich alles, was wir wissen wollen. Er fingert sich so geschwinde durch die deutsche Menüführung meines Handys, dass ich selbst nicht hinterherkomme. Karte einlegen, aktivieren, Internetpaket wählen, bestätigen. Kaum fünf Minuten dauert das Ganze und kostet uns gerademal 15 Lari. Dann stehen wir wieder vor dem Laden – und lachen.
Lachen nur noch. Das war jetzt voller Inhalt – ohne Firlefanz.
Ich weiß wieder, warum ich den Osten liebe.